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Leben in Köln

Deutz – engagiertes Dorf mit Domblick

David Korsten-KölnerLeben Ausgabe 1/2017 · 08.03.2018

Der Stadtteil aus der Vogelperspektive. Foto: Volker Dennebier

Der Stadtteil aus der Vogelperspektive. Foto: Volker Dennebier

In dieser Serie stellt KölnerLeben je ein Veedel aus jedem der neun Stadtbezirke vor.

Kaum hörbar öffnet jemand die Tür, kalte Luft strömt herein und durchschneidet den warmen Geruch von Zwiebeln und Tomaten. In der kleinen Küche wird gerade das Mittagessen vorbereitet. Auf einmal steht ein Mann im Raum. Er atmet schwer, setzt seinen olivgrünen Rucksack ab, nimmt seine Wollmütze vom Kopf und streicht sich mit der Hand durch seinen zotteligen Vollbart. Mit einer schnellen Bewegung verstaut er eine der vielen Plastiktüten, die auf dem Tisch vor ihm liegen.

Darin sind Käse- und Schinkenbrote, heute zusätzlich ein Würstchen. „Danke“, sagt er schüchtern und lächelt. Er steckt ein Trinkpäckchen Kakao und einen Apfel ein, auch eine Zwiebel nimmt er mit. Dann geht er zur Tür und wünscht noch einen schönen Tag.

„Ihnen auch“, sagen im Chor Annelie Bartonitschek, Rosemarie Peters und Ursula Liedl. Die drei Damen engagieren sich ehrenamtlich bei der „Aktion Biesenbach“, benannt nach Horst Biesenbach, dem ehemaligen Diakon der Gemeinde St. Heribert in Deutz. Seit dessen Tod 2009 führen die etwa dreißig freiwilligen Helferinnen und Helfer die Initiative fort und geben Butterbrote an Bedürftige aus, immer dienstags und freitags. Ein Bäcker aus dem Veedel überlässt der „Aktion Biesenbach“ jede Woche rund 30 Kilogramm Brot zu einem günstigen Preis.

DeutzEin Stadtteil mit vielen Gesichtern. Fotos: Volker Dennebier

Ans Deutzer Rheinufer, Alfred-Schütte-Allee 4, kommen an jedem Ausgabetag rund hundert Wohnungslose, Hartz-IV-Empfänger, aber auch Rentner, die das kostenlose Frühstück gerne annehmen – am Monatsende, wenn das Haushaltsgeld knapp ist, sind es mehr. „Einige der Schicksale kennen wir. Aber bei den meisten wissen wir nicht genau, was sie  ierherführt“, sagt Annelie Bartonitschek. „Wir fragen auch ganz bewusst nicht danach. Registrieren muss sich bei uns keiner.“ Für die Butterbrotausgabe nutzt die „Aktion Biesenbach“ die Räume der OASE. Sie ist die Anlaufstelle für Wohnungslose in Deutz, die hier Beratung finden, dreimal pro Woche duschen und sich neu einkleiden können. Die Zusammenarbeit beider Initiativen, da sind sich alle Beteiligten einig, funktioniert sehr gut.

Knotenpunkt Bürgerzentrum

„Das ist durchaus typisch für Deutz“, sagt Tobias Kempf, Leiter des Bürgerzentrums in der Tempelstraße. Dass die verschiedenen Initiativen kooperieren und sich austauschen, sei ihm besonders wichtig. Um die Vernetzung zu fördern, organisiert er gemeinsam mit anderen ein- bis zweimal im Jahr die Stadtteilkonferenz. Mit dieser Versammlung versucht er, alle Gruppen in Deutz zusammenzubringen: Senioren, Kinder, Jugendliche und Familien, ebenso die zahlreichen Vereine und Initiativen des rechtsrheinischen Veedels: Ceno, Kölsch Hätz, Deutz Dialog und Deutz familienfreundlich etwa.

Auch ohne den organisatorischen Rahmen der Stadtteilkonferenz laufen bei Tobias Kempf im Bürgerzentrum viele Fäden zusammen, ganz unbürokratisch. Eines von vielen Beispielen: Als im Sommer am Messekreisel vier neue Flüchtlingsunterkünfte eingerichtet wurden, fehlten vor allem Teller, Töpfe und Pfannen für die 320 Bewohner. Per E-Mail-Verteiler aktivierte Kempf sein Netzwerk. „Das Engagement der Deutzerinnen und Deutzer war unglaublich – in einer Woche hatten wir die Sachen zusammen“, so Kempf.

Lesen Sie weiter im Magazin KölnerLeben Ausgabe Februar/März 2017.

In dieser Serie stellt KölnerLeben je ein Veedel aus jedem der neun Stadtbezirke vor:

Riehl
Dünnwald
Lindweiler
Neubrück
Godorf
Ehrenfeld

Deutz in Zahlen

(in Klammern zum Vergleich immer kleinster und größter Wert in der Stadt Köln. Quelle:Stadt Köln, Amt für Stadtentwicklung und Statistik, Stand: 31.12.2015)

Fläche: 5,24 Quadratkilometer
(Mauenheim 0,49 / Eil 16,25)

davon Erholungsflächen: 15 Prozent
(Immendorf 0,9 / Höhenberg 43,3)

Einwohner: 15.412 insgesamt

Einwohner je Quadratkilometer: 2.941
(Roggendorf 299 / Neustadt-Süd 13.596)

Alter: 3.122 (20 Prozent) älter als 60 Jahre. Durchschnittsalter 41,5 Jahre
(Kalk 38 / Heimersdorf 48,6)

Wohnen: 9.021 Wohnungen, davon öffentlich gefördert 1,1 Prozent
(Lövenich 0 / Chorweiler 70,7)

Alle für Senioren wichtigen Adressen sind erhältlich beim Beratungstelefon für Senioren: Tel. 02 21 / 221-2 74 00

Tags: Stadtteile

Kategorien: Leben in Köln